Zwei Arten von Entwicklung können unterschieden werden: horizontale und vertikale Entwicklung. Bei der horizontalen Entwicklung erwerben wir neue Fähigkeiten, Fertigkeiten und Methodenkenntnisse. Diese Entwicklung können wir durch Schulungen und Trainings gezielt fördern und durch Tests abfragen. Unsere Denkweise und unsere Art, zu kommunizieren, können wir unverändert beibehalten. Es handelt sich um die übliche Art der Wissensvermittlung, bei der es darum geht, immer mehr auf die gleiche Weise zu lernen.
Durch vertikale Entwicklung gewinnen wir eine differenziertere und ganzheitlichere Sicht von uns selbst und unserer Umwelt. Wir beginnen anders zu denken, anders zu sprechen und entwickeln neue Perspektiven, mit denen wir die Welt betrachten. In der neueren Managementtheorie wird dies „adaptive Intelligenz“ genannt, ein Begriff, über den ich mit Alex T. Steffen für eine Folge unseres Podcasts ICH-WIR-ALLE sprach.
Der Prozess der Adaption entsteht bei der vertikalen Entwicklung in einem Wechselspiel von Assimilation, bei der wir neue Erfahrungen in bereits bestehenden Denkstrukturen und ausgebildeten Verhaltenskompetenzen integrieren, und Akkommodation, bei der wir aufgrund der neuen Erfahrungen unsere Denkstrukturen anpassen und unsere Weltsicht erweitern.
Die vertikale Entwicklung vollzieht sich im Wesentlichen in vier Dimensionen: Charakter, interpersoneller Stil, Bewusstseinsfokus und kognitiver Stil. In jeder Dimension zeigt sich die Entwicklung in einer veränderten Sprache und im Grad der Versprachlichung von Wahrnehmungen und zusätzlichen Perspektiven. Auch unser Umgang mit unseren Primärgefühlen und der Zugang zu ihnen über die Sprache verändern sich. Die Auflösung und Verflüssigung von wertenden oder angehaltenen Sekundärgefühlen (Emotionen) nimmt zu. Die Erweiterung unserer Haltung ist Teil der vertikalen Entwicklung. Durch sie werden wir für uns selbst gegenwärtiger und sichtbarer.
Für Transformationsvorhaben ist die Einbeziehung der vertikalen Entwicklung besonders relevant. Transformationen können nicht allein mit Methodenwissen und neuen Fähigkeiten bewältigt werden, sondern brauchen auch sichere Räume, in denen erweiterte Haltungen entstehen können – verbunden mit einem Bewusstsein dafür, was dieses Entstehen fördert oder hemmt. Deshalb kann das Modell der Haltungen in Transformationsprojekten so wertvolle Dienste leisten.